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Jahrelang stellten Repair Cafés fast ausschließlich eine Domäne für ältere Menschen dar. Doch dies scheint sich nun zu ändern. Verschiedene Repair Cafés haben in der letzten Zeit jüngere Reparierende hinzugewonnen.

So wie Repair Café Utrecht – De Bieb in den Niederlanden. Dieses Repair Café besteht seit Februar 2022 und seine Veranstaltungen finden im Laboratorium der zentralen Stadtbibliothek Utrechts statt. „Von Beginn an kommen viele Jugendliche bei uns vorbei”, erzählt der Koordinator Bas Defize. „Vielleicht liegt das am zentralen Veranstaltungsort und Bibliotheken werden natürlich ohnehin von vielen jungen Leuten besucht.”

Junge Leute kennen sich gut mit moderner Technik aus

Einer der Reparateure ist Bas’ Sohn Niels. „Er ist gerade dreißig geworden und hat Produktdesign studiert”, erzählt Bas. „In seinem Freundeskreis geht es oft um nachhaltige Lösungen. Und die jungen Leute kennen sich gut mit moderner Technik wie Smartphones aus. Das hat wirklich Mehrwert im Repair Café.”

Doch auch ältere Geräte können Anziehungskraft auf jüngere Leute ausüben, merkte Bas. „Einmal hatte ich im Repair Café einen Discman aus den Neunzigerjahren auf dem Tisch liegen. Da kam ein Junge angelaufen, der von dem Ding ganz begeistert wurde. Ich habe ihm etwas Werkzeug gegeben und gesagt: Fang einfach mal damit an. Er ist nicht mehr weggegangen. Dasselbe gilt für einen Studenten, der hier mit einem Sandwichtoaster ankam. Es macht ihnen einfach enormen Spaß, hier herumzubasteln und alles Mögliche zu lernen.”

Es macht viel aus, denkt Bas, dass Jugendliche in seinem Repair Café sehen, dass sie nicht die einzigen jungen Freiwilligen sind. „Das macht die Hemmschwelle niedriger.”

Im Repair Café Utrecht – De Bieb kommen junge Leute von Anfang an hereinspaziert

In einem Repair Café mit überwiegend über 60-Jährigen ist Verjüngung ein wichtiges Thema

Für Bas ist die Begeisterung jüngerer Generationen für das Repair Café also ganz normal. Bei Joost Veldhuizen, Reparateur bei Repair Café Houten (Niederlande), sieht das anders aus. Mit seinen 49 Jahren ist Joost einer der jüngeren Reparateure in Houten. „Die meisten Reparateure bei uns sind über sechzig, wir haben sogar ein paar über 80-Jährige”, berichtet Joost. „Es versteht sich also, dass Verjüngung bei uns ein wichtiges Thema ist, wegen der Kontinuität und der Erweiterung von Kenntnissen.”

Repair Café Houten hat geraume Zeit aktiv jüngere Reparierende gesucht. „Aber seit ein paar Monaten kommt auf einmal der eine nach dem anderen einfach auf uns zu. Wir haben innerhalb kurzer Zeit einen Dreißiger, zwei Vierziger und zwei Fünfziger hinzugewonnen. Also nicht superjung, aber doch jünger als der Durchschnitt bei uns.” Mit ihrer Erfahrung und ihren Fertigkeiten stellen die neuen Reparateure Joost zufolge eine wertvolle Ergänzung für das Team dar.

Ob die Energiekrise und die schnell steigenden Preise momentan helfen, Menschen in Bewegung zu bringen, kann er nicht sagen. „Unsere neuen Freiwilligen geben an, dass ihnen das Reparieren einfach Spaß macht und dass sie gerne Menschen helfen wollen. Außerdem möchten sie etwas gegen die Wegwerfmentalität unternehmen.”

Aktive Bemühungen, jüngere Zielgruppen anzusprechen

Auch Repair Café Amsterdam-West in Buurthuis Jeltje bekommt immer mehr jüngere Reparateure. Etwa fünf der 25 Reparierenden sind momentan jünger als vierzig, erzählt Organisator Robert Riede. Repair Café Jeltje setzt sich schon länger aktiv dafür ein, jüngere Zielgruppen anzusprechen – sowohl Reparateure als auch Besucher. „Wir tun viel für unser Image. Wir sind auf sozialen Medien aktiv und unsere Webseite hat eine frische, jugendliche Ausstrahlung. Es ist auch kein Zufall, dass man oben auf unserer Homepage als erstes ein Foto einer selbstbewussten jungen Frau beim Reparieren sieht.”

Im Repair Café Jeltje in Amsterdam-West sind etwa fünf der 25 Reparateure jünger als 40 Jahre

Den derzeitigen Zulauf an neuen (jüngeren) Reparateuren sieht Robert teilweise als eine Reaktion auf die Abstandsregeln während der Coronapandemie. „Bei einem Treffen verschiedener Organisationen für Freiwillige hörte ich, dass es mehr Organisationen gibt, die zurzeit eine Zunahme an Anmeldungen verzeichnen. Die Erklärung dafür lautete dort, dass nach Corona bei vielen Menschen ein Bedürfnis nach neuen Kontakten außerhalb von Arbeit, Nachbarn und Freundeskreis entstanden ist. Das spielt sicher auch bei jungen Menschen eine Rolle.”

Robert sieht das zum Beispiel bei seiner eigenen studierenden Tochter wieder. „Sie hatte während des Lockdowns viel Bedürfnis nach Kontakt. Jetzt ist sie eine begeisterte Freiwillige und backt Kuchen und Kekse in einem Pflegeheim mit einer Frau, die an Demenz leidet. Sowohl meine Tochter als auch die Frau sind dadurch sehr aufgeblüht.”

Offene und sozial sichere Umgebung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor

Roberts Erfahrung nach ist es dennoch sehr schwierig, junge Freiwillige lange zu halten und wirklich im Team einzubinden. „Manchmal kommt jemand sehr begeistert herein, aber verschwindet auch nach ein paar Malen schon wieder.” Um das zu vermeiden, setzten die Freiwilligen sich aktiv dafür ein, eine offene und sozial sichere Umgebung zu gestalten. „Das ist wirklich ein wichtiger Erfolgsfaktor.”

So steht bei Repair Café Jeltje immer jemand hinter der Bar, der oder die Gespräche mit wartenden Besuchern anknüpft. Getränke und Kekse sind gratis. „Mein Mit-Organisator Johan läuft die ganze Zeit herum und achtet auf Menschen, die verloren herumstehen. Die spricht er dann an, damit sie sich wohlfühlen. Er macht Scherze, ist interessiert und behält auch im Auge, ob es den Reparateuren gut geht. Das ist gewiss nicht immer selbstverständlich.”

Robert Riede würde sich wünschen, dass sich die Vielfalt seines Viertels stärker im Team der Ehrenamtlichen seines Repair Cafés widerspiegelt

Robert hofft, in der kommenden Zeit noch mehr junge Menschen an Repair Café Jeltje binden zu können. „Aber auch Menschen mit anderem Gender- oder kulturellem Hintergrund. Ich wünsche mir sehr, dass unser Team unser Viertel wirklich widerspiegelt; Amsterdam-West ist unglaublich vielfältig. Das ist in der Zusammenstellung unseres Teams noch nicht so ersichtlich.“

Robert weiß nicht genau, an welchen Mechanismen das liegt. „Ich bin kein Sozialarbeiter, Streetworker oder Coach. Das beste Instrument, das ich habe, bin ich selbst. Meine Einstellung ist es, niemanden als Freiwilligen abzuweisen.”

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